Psychotherapie in der Schweiz
#2
Hallo Ihr Lieben

Wo Licht ist, ist auch Schatten,

so muss ich den Thread leider noch einmal hoch holen; denn es gibt unerfreuliche Nachrichten zu diesem Thema.

Ich war heute bei meiner neuen Therapeutin. Sie ist noch in der Ausbildung als klinische Psychotherapeutin - eine Ausbildung, die 6 Jahre dauert.

Es hat sich nun herausgestellt, dass alle angehenden klinischen Therapeuten in eine administrative Lücke fallen, die sowohl für sie selbst wie auch für die durch sie betreuten Patienten eine ganz hässliche Konsequenz hat, nämlich die, dass sowohl die angehenden Therapeuten wie auch deren Patienten ab 1. Januar 2023 im Regen stehen.

Durch die Änderung vom Delegations- zum Anordnungsmodell können die Therapeuten in Ausbildung nicht mehr weiter in Delegation eines Psychiaters arbeiten; sie können aber ebenso wenig selbständig bei den Krankenversicherungen abrechnen, da sie eben ihre klinische Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben.

Kurz: sie fallen in eine Regulierungslücke, und mit ihnen die Patienten.

Die beiden Therapeutenverbände FSP und ASP sahen trotz grosser Anstrengungen von interessierter Seite keine Notwendigkeit, zumindest temporär eine Lösung für Therapeuten in Ausbildung zu finden. Diese Nachricht wurde nun am 7. Dezember bekannt und seither herrscht grosse Unruhe wie ich von meiner Thera erfahren hab.

Die Verbände stellen sich dem Vernehmen nach auf den Standpunkt, dass eine Abrechnung via KVG immer noch möglich sei, indem die auszubildenden Therapeuten in Anstellung eines ausgebildeten Therapeuten mit mehrjähriger Berufserfahrung ihre Tätigkeit verrichten. Aber genau an diesen qualifizierten Therapeuten herrscht ein grosser Mangel.

Scheinbar sahen die psychotherapeutischen Praxen, die bisher das Delegationsmodell praktizierten, in dem also Psychotherapeuten, egal ob mit oder ohne abgeschlossene Ausbildung, in Abhängigkeit von einem Psychiater gearbeitet haben, keine Notwendigkeit, entsprechende Vorkehrungen für diese Situation zu treffen.
Die Psychiater waschen dabei jetzt die Hände in Unschuld, weil sie ohnehin am Delegationsmodell festhalten wollten, die Therapeuten wiederum spekulierten offenbar lange auf eine entsprechende temporäre Lösung zwischen den Verbänden und den entsprechenden Bundesbehörden für die Therapeuten i.A.
Da dies nun nicht eingetreten ist, suchen nun fast notfallmässig alle Praxen in der Schweiz, die noch delegierte Therapeuten in Ausbildung beschäftigen nach den qualifizierten klinischen Therapeuten, die das Dilemma auffangen können, von denen es aber ohnehin schon seit Jahren viel zu wenige gibt.

Hier kommt jetzt also die ignorante Besitzstandswahrung seitens der medizinischen Therapeuten/Psychiater mit der kurzsichtigen und vermutlich auch naiven Sicht der Verbände der psychologischen Therapeuten zusammen und verursacht die maximal mögliche Katastrophe.

So wie meine Thera heute meinte, sei derzeit keine Lösung in absehbarer Zeit greifbar. Das Problem sei schon vor der Modellumstellung bekannt gewesen, aber offenbar wollte sich niemand wirklich darum kümmern. Der einzige Ratschlag, den die Therapeuten in Ausbildung für ihre Patienten haben, ist die Suche nach einem anderen Therapieplatz oder, falls es gesundheitlich möglich und ertragbar ist, auf eine passende Regelung zu warten, die die Therapeuten i.A. wieder zurück in die Praxen bringt.

Ja, soviel dazu.

Ich öffne diesen Thread jetzt mal, da es eventuell Gesprächsbedarf über dieses Problem gibt.
Man weint nicht, weil man schwach ist, sondern weil man zu lange stark sein musste.
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Geschichten aus einem beschädigten Leben
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Nachrichten in diesem Thema
Psychotherapie in der Schweiz - von ssri - 30.06.2022, 18:57
RE: Psychotherapie in der Schweiz - von ssri - 13.12.2022, 22:04
RE: Psychotherapie in der Schweiz - von ssri - 20.12.2022, 22:10